Der Hund, wie alle Tiere geht durch eine Reihe von Entwicklungsphasen, welche ihn physikalisch wie auch mental beeinflussen. Viele Dinge können diese Phasen beeinflussen wie Genetik, Umwelt, Fürsorge, Ernährung, Stress
usw. Jede Phase kann man bei Hunden deutlich an seinem Verhalten erkennen. Da gibt es klare physikalische Veränderungen in manchen Phasen und emotionale Reaktionen in anderen Phasen, die ein aufmerksamer Beobachter
erkennen lässt in welcher Phase sich der Welpe gerade befindet.
1 Pränatal (vorgeburtlich) Empfängnis – Geburt
Das Milieu der Gebärmutter kann einen endgültigen Einfluss auf das Verhalten des Welpen haben. Ernährung, Stress und Aktivität der Mutter können alle eine Einwirkung auf den ungeborenen Welpen haben. Darum ist es sehr
wichtig die trächtige Mutter in exzellenter Verfassung zu halten.
2 Neonatal 0 – 2 Wochen
Während dieser Zeit gibt es kaum ein Elektroenzephalogramm (EEG = elektrische Fluktuationen im Gehirn – Hirnströme). Das Gehirn ist weich und geleeähnlich (kaum markscheidenhaltige Nervenfasern) und ist noch in der
Entwicklung. Der Welpe verbringt ca. 90% seiner Zeit schlafend. Er ist sensible zu Berührungen, Schmerz, Temperatur, Geruch und Geschmack. Sein Gehör, Sehvermögen und seine Temperaturregulierung sind sehr unterentwickelt
und deswegen von wenig Nutzen für den Welpen. Er ist stressanfällig.
Der Welpe entwickelt eine Bindung zu seiner Mutter durch Prägung und sie zu ihm (Mutter–Welpen-Bond). Er ist mit allen seinen Bedürfnissen abhängig von seiner Mutter. Wie seine Mutter ihn behandelt und ihre allgemeinen
Verhaltenstendenzen haben einen merklichen Einfluss auf den Rest seines Lebens. Säugen wird von der Mutter angeregt. Dieses ist üblicherweise die Zeit in der Welpen wegen Anomalitäten und Stress sterben.
Es ist dokumentiert, dass regelmäßiges Handling während dieser Phase gut angepasste Tiere schafft, welche schneller erwachsen werden, bessere Problemlösungstechniken mitbringen und weniger reaktiv sind.
3 Übergangsphase 2 – 4 Wochen
In dieser Phase fangen die 8 wichtigsten Wochen im Leben des Welpen an! Was er jetzt erlebt, hat Einwirkungen auf den Rest seines Lebens. Evolution hat bestimmt, dass es in des Hundes Interesse ist, zu allem zu reagieren
was seine Mutter ihm zeigt und von ihrem Beispiel zu lernen was sicher und was nicht sicher ist. Nach diesen 8 Wochen wird die Zeit kommen, in der er sich alleine nach draußen aus dem Bau wagt. Darum ist es in seinem
Interesse von Natur aus vorsichtig allem Neuem gegenüber zu sein, dass er noch nicht zuvor gesehen hat oder er sich unsicher gegenüber ist, es könnte ja ein Feind sein.
Diese Phase nennt man deswegen Übergansphase, weil sich der Welpe während dieser Zeit von einem hilflosen und verwundbaren Neugeborenen in einen reaktiven und lebendigen Welpen bei dem sich seine sensorischen Fähigkeiten
eingeschaltet haben. Augen öffnen sich, Ohren offen, Zähne erscheinen, er lernt mit der Rute zu wedeln, das Gehirn wird durch Eindrücke von Augen und Ohren stimuliert, er lernt zu graulen und bellen, er kann jetzt
seine eigene Körpertemperatur regeln, seine Schmerzreaktion ist ähnlich die eines erwachsenen Hundes, er entscheidet wann er säugen möchte und wann nicht, er stimuliert das Erbrechen von Futter bei der Mutter, er
lernt zu betteln, die Entwöhnung beginnt, Mutter/Jungen Konflikt beginnt und seine Reflexe entwickeln sich.
Die Nervenfasern im Gehirn sind fast vollständig entwickelt und er ist jetzt fähig komplex zu lernen. Mit ca. 2 Wochen können Welpen sitzen und mit ca. 3 Wochen können sie stehen. Ein paar Tage später können sie sich
genug koordinieren um zu laufen.
4 Sozialisierung 4 – 6 Wochen zu Hunden
4 – 12 Wochen zu Menschen und anderen Tieren
Dies ist die wichtigste Zeit für den Welpen! Seine Sinne sind jetzt weit entwickelt und sein Gehirn erlaubt ihm nun Informationen schnell zu verarbeiten. Spielen hilft dem Welpen sich weiter zu entwickeln, es wird ein
wichtiger Teil seines Lebens von 3 – 4 Wochen an. Er lernt die Spielverbeugung welche andere Wurfgeschwister zum Spielen auffordert. Durch das Spielen lernt der Welpe wie er zum Jäger wird. Er lernt zu koordinieren,
wie er sicher bei Entdeckungsreisen bleibt, physikalische und mentale Fertigkeiten, jagen, Angriff aus dem Hinterhalt, rennen, Bewegungsabläufe/ -sequenzen, Timing – wann er eingreifen muss. Er lernt durch das Spielen
wie viel Schmerzen er einem anderen zufügt, wenn er zubeißt, z. B. wie er seinen Biss hemmt, ein weiches Maul bekommt. Spielen fördert Bonde und stimuliert kommunale Kommunikation. Es formt das soziale Verhalten als
Erwachsener.
Welpen tragen Objekte mich sich herum und animieren Wurfgeschwister zu Zerrspielen. Sie verteidigen Futter und andere Dinge gegenüber anderen Geschwistern (bei manchen Rassen sehr energisch). Einige Welpen folgen andere
die ein Objekt herumtragen – dies ist ein erstes Zeichen für die Zusammenarbeit in einem Pack. Der Welpe entdeckt die Hierarchie und findet seinen Platz darin. Die Strenge der Mutter kann einen lebenslangen Einfluss
auf den Welpen haben. Der Welpe könnte sehr unterwürfig werden, weil er eine strenge Mutter hatte. Aufgrund dieser Erfahrung können Hündinnen ebenfalls strenge Mütter werden.
Schlechte Erfahrungen oder Isolation kann zu einem hyper aggressivem, introvertiertem, zurückgezogenem, gehemmten, zu schlechten mütterlichem Verhalten, Selbstverstümmelung, Angst vor Menschen, anderen Tieren, Geräuschen,
zu widerstrebenden Erkunden führen, der Hund kann zu exzessiver Erregbarkeit führen. Hunde die keine Menschen bis nach der Sozialisierungsphase kennenlernen, haben Angst vor Menschen, sind antisozial und schwer zu
trainieren. Wenn sie keine anderen Hunde kennengelernt haben, sind sie kaum in der Lage mit anderen Hunden umzugehen.
Gesichtsausdrücke sind mit ca. 5 Wochen entwickelt, weil die Ohren mobiler werden, die Schnauze länger wird und die Muskeln die die Lippen kontrollieren sich verbessern. Dies ist die beste Zeit die Welpen mit anderen
Hunden, Tieren, Menschen, Umwelteinflüssen, Geräuschen, Gerüchen usw. bekannt zu machen.
5 Erste Angst Phase 5 – 12 Wochen
Während der Sozialisierungsphase hat der Welpe seine erste Angstphase. Deswegen muss man darauf achten, dass der Welpe zu allem Neuen positiv und unterstützend eingewiesen wird. In dieser ersten Angstphase ist die Erholung
nach einer schlechten Erfahrung sehr kurz. Später dauert es sehr viel länger. Traumatische Ereignisse haben einen dauerhaften Einfluss auf sein weiteres Leben. In Fakt, mehr als wenn es zu einem anderen Zeitpunkt
in seinem Leben geschehen wäre.
6 Teenagephase 12 – 16 Wochen
Der Welpe wird langsam Erwachsen, sein Selbstvertrauen wächst und er fängt an auszutesten wer der Stärkere ist. Oft bezeichnet als ‚the age of cutting‘ – Zähne erneuern sich und die Welpen werden selbstständiger. Ähnlich
wie bei Teenagern.
7 Fluchtinstinktphase 16 Wochen – 8 Monate
Der Welpe hat die Tendenz alleine loszuziehen und gehorcht plötzlich nicht mehr.
Das kann einige Tage dauern oder ein paar Wochen. Umsichtige Kontrolle und Umgang sind jetzt wichtig, um Probleme zu vermeiden. Z. B. den Welpen angeleint zu lassen, damit er nicht lernt, den Widerruf zu ignorieren.
8 Pubertät 5 – 14 Monate
Der Welpe wird immer besser in seinen Fähigkeiten, Kraft und Aktivität. Der junge Hund lernt die Relevanz seines Verhaltens aber seine Konzentrationsfähigkeit und Motorik sind noch immer gering, obwohl seine Lernkapazitäten
voll entwickelt sind. Schon mit 4 Monaten kann er anfangen zu jagen (besonders bei Jagdhunderassen zu beobachten). Das meiste was während dieser Phase passiert wird bestimmt von dem was während der Sozialisierungsphase
geschehen ist. Der Hund braucht kontinuierliche Sozialisierung um sicher zu stellen, dass er sich zu einem gut angepassten Hund mit angemessenem Verhalten entwickelt.
Rüden: Mit ca. 18 Wochen beginnt der Testosteronspiegel zu steigen und sein Verhalten ändert sich. Rüden lernen das Bein beim Pinkeln zu heben welches eines der ersten Zeichen der Pubertät
ist. Sie fangen an territoriale Grenzen zu erkennen, versuchen Hündinnen zu besteigen und zeigen schon mit 4 Monaten Interesse an läufigen Hündinnen. Aber es ist unwahrscheinlich, dass sie die Fähigkeiten noch die
Kraft haben erfolgreich zu sein bis sie ca. 7 – 8 Monate alt sind. Mit ca. 1 Jahr sind Rüden geschlechtsreif aber es fehlen ihnen die sozialen Fähigkeiten eines älteren Hundes. Soziales Lernen ist ein Prozess der
ein Leben lang anhält.
Hündinnen: Für Hündinnen gibt es eine Trennungslinie zwischen Jugendliche zu Erwachsene. Diese kann sie über Nacht mit dem Beginn ihrer ersten Läufigkeit zu Erwachsenen machen. Rüden
finden sie zunehmend interessanter und sie zeigt mehr und mehr Interesse an Rüden.
9 Adoleszent – 2. Angstphase 5/6 – 11/14 Monate
Der Hund geht durch eine weitere Angstperiode, weil sich sein hormonaler Haushalt ändert während sich sein Körper noch in der Entwicklung befindet. Es ist ähnlich mit den Änderungen beim Menschen zu vergleichen. Der
Welpe hat das Verlangen eines erwachsenes Hundes aber es mangelt ihm an den sozialen Fähigkeiten und Erfahrungen um diese korrekt einzusetzen. Er ist manchmal ängstlich gegenüber Dingen vor denen er sich zuvor nicht
gefürchtet hat, z. B. Mülltonnen. Er ist oft ängstlich, wenn er sich neuen Dingen nähert.
10 Erwachsensein 1 – 4 Jahre
Bei vielen Rassen werden Hündinnen schneller erwachsen als Rüden. Besonders bei Hunden großer Rassen zeigen sie das Verhalten erwachsener Hunde eher als Rüden. Das Austesten der Führungsposition markiert das Erwachsensein.
Führung durch diese Zeit und durch das ganze Leben des Hundes ist wichtig, wenn man die Kontrolle behalten möchte. Es ist leicht anzunehmen, dass ein ausgewachsener Hund über gut entwickelte mentale Leistungen verfügt.
Natürlich ist es wie beim Menschen so, dass auch der Hund ständig dazu lernt und die Ergebnisse sind je nach den Umständen unterschiedlich.
Selektive Züchtung hat dazu geführt, dass Hunde schnell erwachsen werden, jedoch volle soziale Fähigkeiten erreichen sie meist erst mit 2 Jahren.
Referenz:
White, A. (2000), Dog Training Instructor’s Manual, Rainbow
Übersetzt von Evelyn Gericks-Rensing